Abstimmung zum Doppelstundenmodell

Mehr Demokratie wagen!

Das Pflegschaftsteam mit Jürgen Lange, Bunyami Aklyüz, Annette Theissen, Ralf Heyl und Dr. Marcus Schuckel (v.l.)

Das Pflegschaftsteam mit Jürgen Lange, Bunyami Aklyüz, Annette Theissen, Ralf Heyl und Dr. Marcus Schuckel (v.l.)

Vor einigen Tagen ist in Köln die Bürgerbefragung zum Ausbau des Godorfer Hafens gescheitert. Weder die Befürworter noch die Gegner bekamen das erforderliche Quorum von 87.901Stimmen (10% der Wahlberechtigten) zusammen. Das Abstimmungsergebnis ist somit für die Politik, die über den Hafenausbau zu entscheiden hat, nicht bindend, so sagt es das Gesetz. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Hafengegner unter den Befragten mit 56% der Stimmen zumindest die einfache Mehrheit erreichten.

Eine ähnliche Erfahrung machten die Elternvertreter vor wenigen Tagen bei der Abstimmung in der Schulkonferenz zum Doppelstundenmodell. Auch hier hat es vor der Abstimmung im Entscheidungsgremium eine Befragung unter den beteiligten und betroffenen Personengruppen gegeben. Für das Doppelstundenmodell stimmten 71,6% der Lehrer (16,2% Nein-Stimmen), 78,5% der Eltern (15% Nein-Stimmen) und 50,1% der Schüler (39% Nein-Stimmen). Das Abstimmungsergebnis in der Schulkonferenz verblüffte zumindest die Elternvertreter: alle vier anwesenden Schülervertreter stimmten gegen das Doppelstundenmodell, 6 der 10 Lehrer enthielten sich der Stimme (bei 4 Ja-Stimmen). Nur die fünf Elternvertreter stimmten geschlossen für das Doppelstundenmodell.

Dies entspricht im Grundsatz den Prinzipien einer repräsentativen Demokratie, in der die gewählten Vertreter eigenverantwortlich ihre Abstimmungsentscheidungen treffen. Andererseits haben gewählte Vertreter in Entscheidungsgremien die Aufgabe, im Sinne der von ihnen Vertretenen zu handeln und zu entscheiden. Wenn nun die Meinung der Vertretenen dezidiert bekannt ist, muss sich das nicht im Abstimmungsverhalten wiederspiegeln? Es gehört aus meiner Sicht jedenfalls eine gehörige Portion Chuzpe dazu, sich über ein solches Votum, wie es zum Doppelstundenmodell am EMG vorlag, hinwegzusetzen, selbst dann, wenn dies in bester Absicht geschehen sollte, da man glaubt, besser als die Betroffenen selbst zu wissen, was für die Betroffenen das Beste ist.

„Wir wollen mehr Demokratie wagen“, so lautete 1969 die Botschaft von Willy Brandt in seiner Regierungserklärung. Fernab aller parteipolitischen oder ideologischen Positionen möchte ich dies auch allen Beteiligten unserer Schulgremien zurufen, auch wenn am Ende die Entscheidung der Schulkonferenz zumindest im Ergebnis dem Votum von Eltern, Lehrern und Schülern entspricht.

Marcus Schuckel

P.S. Nach den Regeln der Kölner Bürgerbefragung wäre in allen drei Befragungsgruppen bei den Befürwortern des Doppelstundenmodells das Quorum von 10% erreicht worden.

RA.Ralf.Heyl@t-online.de