Zeitzeugenberichte: "Es ging nur ums Überleben"

Zbigniew Pec berichtet über seine Zeit im KZ Auschwitz. Anna Mehlig aus dem EMG-Kollegium übersetzt.

Zbigniew Pec berichtet über seine Zeit im KZ Auschwitz. Anna Mehlig aus dem EMG-Kollegium übersetzt.

12.05.08 - „Am schlimmsten war für mich die Trennung von meinen Eltern.“ Davon erzählte Maria Maka, die 1941 im Alter von 14 Jahren in das Internierungslager Potulice gebracht wurde, weil ihre Eltern sich weigerten, die sogenannte "Volksliste" zu unterschreiben, um als Deutsche anerkannt zu werden.

Diese schreckliche Erfahrung veranschaulichte die vitale Dame mit Fotos von Kindern, deren ausdruckslose Augen den Schrecken des Konzentrationslagers widerspiegeln. In sehr gutem Deutsch beschrieb Frau Maka weiterhin, dass die Kinder in 80 Meter langen Holzgebäuden untergebracht waren, deren Wände nur 80 cm hoch waren, weshalb sie auch "Hundehütten" genannt wurden.

Die Schülerinnen und Schüler der Klasse 5c waren fassungslos, dass die Kinder auf etwas Stroh auf bloßer Erde schlafen mussten und sich zu sechs bis zehn Personen pro Tag mit einem Brotlaib zufrieden geben mussten. Schon kleine Kinder wurden zur Arbeit gezwungen, z. B. zum Sammeln von Essbarem im Wald unter strenger Bewachung. Gefürchtet war ein Kerker, der unter Wasser stand, und in dem sich die Gefangenen gegen Ratten wehren mussten.

Diese Schilderungen wurden im Rahmen unseres Projektes „Gegen das Vergessen“ vier Klassen dargeboten, die von jeweils zwei Zeitzeugen aus Polen besucht wurden. Vermittelt war der Kontakt durch Frau Multhaupt vom Maximilian-Kolbe-Werk, das sich über Spenden um Überlebende von Ghettos und Konzentrationslagern kümmert.

Eindruck hinterließen die polnischen Naziopfer, die zwischen 1920 und 1930 geboren wurden, vor allem mit ihrer Energie und Herzlichkeit, mit der sie den Schülerinnen und Schülern begegneten. Damit gewannen sie die ungeteilte Aufmerksamkeit der Jungen und Mädchen, woran selbst die Sprachbarrieren zwischen Schülern und den größtenteils rein polnischsprachigen Gästen nichts änderte. An dieser Stelle sprangen Thomas Duscha und Matthäus Szymala aus der Stufe 12 sowie Anna Mehlig aus dem EMG-Lehrerkollegium als Übersetzer ein.

In der 8c waren alle sehr berührt von den authentischen Schilderungen des 87-jährigen Wladyslaw Gozdziewicz, der vier Jahre im KZ Dachau unter der Nummer 12085 gefangen war. Mit geschorenen Haaren, Sträflingsanzug und unte der willkürlicher Behandlung des Lagerpersonals ging jede Menschenwürde verloren.

Ähnliche Erfahrungen wurden von Zbigniew Pec weitergegeben, der mit 14 Jahren als "politischer Gefangener"  in Auschwitz in einer Baracke mit über 500 Menschen untergebracht war. Enge, Kälte, Schmutz, Hunger, schwere Arbeit und vieles mehr führten sehr schnell zur Entkräftung der Menschen.

Auch im KZ Ravensbrück war es nicht besser, wie Frau Grinn und Frau Krajewska in der 7a berichteten. Bis heute kennen sie die deutschen Wörter ‚Appell’ oder ‚Wachmann’, die die ständig gefühlte Bedrohung ausdrücken.

Für die Klassen war es wichtig zu erfahren, dass die Internierten trotz all der schrecklichen Erfahrungen nicht die Hoffnung verloren und sich mit gegenseitiger Hilfe, Trost und  Freundschaften am Leben hielten. Auch hilfsbereite Offiziere gab es, z. B. als bei der Befreiung in Potulice ein Hauptmann vielen ein sicheres Versteck auf einem verlassenen Bauernhof zeigte, was die ehemaligen Gefangenen vor weiterer Verschleppung bewahrte.

Nach Kriegsende musste viel Zeit und Energie in den Wiederaufbau und die Fortsetzung der Schul- oder Berufsausbildung investiert werden, wodurch der Blick nach vorne gestärkt wurde und die schreckliche Vergangenheit etwas verblasste.

Im Namen aller Schülerinnen und Schüler sowie der teilnehmenden Lehrerinnen und Lehrer danken wir den Zeitzeugen für ihren eindrucksvollen Besuch, der sicherlich auch zur Warnung vor totalitären Regierungen dienen und die Freundschaft zwischen Polen und Deutschen verstärken sollte.

Anne Präder