Bewegende Geschichtsstunde mit polnischen NS-Zeitzeugen

Riszard Szabelak (r.) und Irena Grabarczyk berichten 26 Elftklässlern aus ihrer Zeit im Konzentrationslager Ravensbrück

Riszard Szabelak (r.) und Irena Grabarczyk berichten 26 Elftklässlern aus ihrer Zeit im KZ Ravensbrück

10.6.09 - „Wir sind nicht hier, um eine Rechnung zu begleichen. Wir sind hier, um mit jungen Menschen zu sprechen, damit so etwas nie wieder passiert.“ Irena Grabarczyk hat ihren Frieden mit der Vergangenheit gemacht. Als eine von acht ehemaligen KZ-Häftlingen war die 76-jährige Warschauerin im Rahmen des vom Maximilian-Kolbe-Werkes ins Leben gerufene Zeitzeugenprojektes am Mittwoch am Ernst-Mach-Gymnasium zu Gast.

In kleinen Gesprächsgruppen berichteten die NS-Opfer den Schülerinnen und Schülern der Stufe 11 von ihrer Zeit in Ghettos oder Konzentrationslagern, beantworteten Fragen und führten Gespräche, um für die 16- bis 17-jährigen Jugendlichen das dunkelste Kapitel der deutschen Vergangenheit etwas greifbarer zu machen.

Dies fiel nicht allen der allesamt aus Polen stammenden Zeitzeugen leicht. „Ich erzähle zum ersten Mal in Deutschland aus meiner Zeit im KZ. Für mich ist das extrem bewegend “, berichtet Irena Grabarczyk, die drei Jahre im Konzentrationslager Ravensbrück gefangen war.

Auch die Schüler wurden mit Schilderungen von Hinrichtungen, Folterungen und Todesmärschen auf eine harte emotionale Probe gestellt. „Viele von uns waren den Tränen nahe“, berichtet Sarah, die ähnlich wie ihre Mitschüler ein sehr positives Fazit zieht: „Es ist etwas anderes, ob man Geschichte aus erster Hand erzählt bekommt oder davon in den Büchern liest.“

Ihre Mitschülerin Julia nutzte die Gelegenheit, um Dinge zu erfahren, die in keinem Schulbuch stehen: „Wie wäre es, wenn Sie heute einem ihrer ehemaligen Lageraufseher begegnen würden“, wollte sie von Riszard Szabelak wissen, der ebenfalls in Ravensbrück interniert war. „Ich weiß es nicht“, lautete die Antwort. „Anfangs war der Hass sehr groß, heute hat sich alles geglättet“. Filme oder Dokumentationen aus der Zeit schaut sich der 80-Jährige aber auch heute prinzipiell nicht an.

Auch Szabelaks Botschaft ist jedoch klar nach vorne gerichtet: „Ich lerne bei jedem meiner Besuche in Deutschland wunderbare Menschen kennen. Es ist an der Zeit, in die Zukunft zu schauen, und Ihr seid die Zukunft“, sagte er in Richtung der 26 Schüler, die nach 90 intensiven Minuten ihren Gästen spontan applaudierten.

Gregor Evers