„Man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen“

"Solperstein-Erfinder" Gunter Demnig verlegt die ersten vier Gedenktafeln auf Hürther Boden
3.3.08 - So zitierte der Künstler Gunter Demnig einen Jugendlichen, der sich über den Sinn von „Stolpersteinen“ geäußert hatte. Bei zwei Veranstaltungen des Ernst-Mach-Gymnasiums wurden Kopf und Herz angesprochen.
Herr Dr. Faust, Archivar der Stadt Hürth, umriss beim Themenabend am 26. Februar 2008 die Geschichte der Juden in Hürth und schilderte das grausame Schicksal, das ihnen während des nationalsozialistischen Regimes widerfuhr.
Dabei handelte es sich bei den Familien um liebenswerte Mitbürger, bei denen man einkaufte, mit denen man spielte oder die Schulbank teilte. Diese menschliche Seite wurde an dem Abend von den vier Zeitzeugen Frau Marianne Metternich, Frau Elisabeth Lülsdorf, Frau Maria Fassbender und Herrn Werner Düsseldorf bewegend beschrieben. Sie schilderten ihre Eindrücke vom Tag nach der Reichspogromnacht, die immer noch das Entsetzen und die Fassungslosigkeit zum Ausdruck brachten. Frau Metternich ist bis heute so sehr von dem Geschehen schockiert, dass sie vor allem die Jugendlichen aufforderte, dafür zu sorgen, „dass so etwas nie wieder passiert.“
Auch durch die Erinnerungen der anderen Zeitzeugen wurde deutlich, dass friedliebende, in der Nachbarschaft bestens integrierte Menschen aus ihrem Zuhause, ihrem Familien- und Lebensumfeld gerissen wurden und schließlich Opfer der NS-Rassenideologie wurden.
Beim Themenabend sorgte die Band ‚Tschörtsch’ mit ihren Liedern für eine Einstimmung in die jüdische Religion und Kultur, die ergänzt wurde von zwei hebräischen Texten, von Herrn Dr. Herr und Herrn Pfarrer i. R. Steves vorgetragen und von Herrn Pfarrer Müller übersetzt. Das Lied „Die Moorsoldaten“, das Frau Cornelia Deuter und Herr Bernhard Streerath in einem sehr einfühlsamen Arrangement mit Gesang, Pauke, Gitarre und Mundharmonika vortrugen, ließ die Stimmung, die Ängste und Sehnsüchte von KZ-Häftlingen nachspüren.
So wurden an diesem Abend Kopf und Herz angesprochen, im Sinne der Projektgruppe, die mit Hilfe der Stolpersteine Geschichte begreifbar und nachvollziehbar machen möchte. Auf diese Weise wird die zunächst theoretische Geschichte aus dem Schulbuch auf authentische Personen und Orte in Hürth bezogen und so wieder lebendig.
Wer bei der Verlegung der 14 Stolpersteine am 29. Februar 2008 dabei war, konnte sich nicht der Wirkung dieser Aktion entziehen: hier finden die Opfer in Form von Messingplatten ein würdiges, persönliches Andenken, ihr Schicksal wird nachvollziehbar und geschichtliche Ereignisse werden ganz konkret in unserem Lebensumfeld vorstellbar.
Gunter Demnig meint, „Menschen sind erst vergessen, wenn ihre Namen vergessen sind.“ Diese Steine heben die Anonymität auf und schaffen Orte des Andenkens und der Erinnerung. Diese Bedeutung stummer Zeitzeugen ist umso wichtiger, da sprechende Zeugen jener Zeit im Schuldienst schon länger nicht mehr und außerhalb bald auch nicht mehr zu Verfügung stehen.
Allen Projektteilnehmern sei für die gute Zusammenarbeit gedankt. Noch über 20 Stolpersteine sollen in Hürth verlegt werden, wofür wir noch weitere Spender suchen. Aber auch Mitarbeiter innerhalb und außerhalb der Schule in Kirchen, Parteien und anderen Einrichtungen, die bei der Vorbereitung und Organisation des weiteren Projekts mitarbeiten möchten, sind herzlich willkommen. Bitte wenden Sie sich bei Interesse an Projektarbeit und für Spenden an Anne Präder oder Elmar Frensch.